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Vortrag | Alexander sein? Herrschaftsideal und politische Ikonographie am burgundischen Hof (1363 - 1482)

29.06.2023 | 18:15 - 19:45

Im Rahmen der Ringvorlesung "Unterseeboote, Flugmaschinen und nackte Philosophen: Das Nachleben Alexanders des Gro?en zwischen Macht und M?rchen"

Alexander sein? Herrschaftsideal und politische Ikonographie am burgundischen Hof (1363 - 1482)

Vortrag von Prof. Dr. Karin Gludovatz, Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften, Kunsthistorisches Intitut, Freie Universit?t Berlin


Kaum eine historische Figur hat die Phantasie so sehr angeregt wie Alexander der Gro?e. ?ber Epochen und Kontinente hinweg tritt er uns in immer neuer Gestalt entgegen, nicht nur als Eroberer, sondern auch als Forscher, Entdecker und Magier, der Flugmaschinen baute und Unterseeboote konstruierte. Von Anfang an umrankten ihn gera-dezu m?rchenhafte Legenden, die sp?testens ab dem 4. Jahrhundert unserer Zeitrechnung, als der sogenannte ?Alexanderroman“ entstand, ein veritables Eigenleben führten. Von seiner Entstehung bis ins 16. Jahrhundert geh?rte dieser Roman zu den weltweit meistgelesenen Erz?hltexten. Er wurde unter anderem ins Lateinische, Koptische, Syrische, Arabische, Armenische, Hebr?ische, Persische und fast alle europ?ischen Sprachen übersetzt. Gerade die m?rchenhaften Züge, die der makedonische Herrscher in Mittelalter und Früher Neuzeit annahm, trugen zu seiner anhaltenden Beliebtheit bei und machten es m?glich, dass sich immer wieder ganz neue Deutungen und Perspektiven an den Bestand der Legenden anlagerten. In Indonesien beispielsweise wandelte sich der griechische Held zum legend?ren Vork?mpfer des Islam. Doch auch jenseits der Tradition des Alexanderromans lebte Alexander fort und beanspruchte einen hybriden Raum zwischen Fiktion und Geschichtsschreibung. Er taucht im Koran auf und spielt eine wichtige Rolle im persischen Shahnameh, dem ?Buch der K?nige“. Kaiser, K?nige und P?pste nannten sich nach ihm und sogar der Name Alexander selbst machte erstaunliche Wandlungen durch, vom arabischpersischen ?Iskander“ bis zum g?lisch-schottischen ?Alastair“.

Diese Ringvorlesung setzt sich mit der verwirrenden Vielfalt kultureller Aneignungen Alexanders auseinander. Wir wollen anhand ausgew?hlter Beispiele aus verschiedenen Kulturen, Epochen, Sprachen sowie literarischen und künstlerischen Gattungen untersuchen, wie uns die historische Gestalt Alexanders von Makedonien in immer neuen Formen entgegentritt, welchen kulturellen und literarischen Deutungen sie unterworfen wird, wie sich mit ihr Tr?ume von Expansion und Gr??e entfalten, aber auch, welches kritische Potenzial sie birgt. Denn schon früh gab es auch das: Die Kritik an Macht und Expansion, die sich an die Figur des Herrschers knüpfte. So etwa, wenn der in einer Tonne lebende Philosoph Diogenes dem Makedonen nichts anderes zu sagen hat als: ?Geh mir aus der Sonne“.

Gerade weil in Alexander über mehr als 2000 Jahre hinweg Historisches und M?rchenhaftes eine unaufl?sliche Verbindung eingingen, bietet er uns einen einmaligen, kaleidoskopartigen Blick darauf, wie sich Mythenbildung und politische Propaganda, künstlerische ?berformung und ideologische Inanspruchnahme in immer neuen Konstellationen und in fast unübertroffener Vielfalt miteinander verbinden.


Zeit & Ort

29.06.2023 | 18:15 - 19:45

H?rsaal 2, Geb?udekomplex Habelschwerdter Allee 45, 14195 Berlin